Horrorskop

Haben Sie heute schon ihr Horoskop gelesen?
„Hören Sie auf die Warnsignale Ihres Körpers und treten sie etwas kürzer. Sie haben sich überanstrengt und müssen jetzt erst einmal wieder neue Kräfte sammeln.“
Nein, das war nicht mein Horoskop, sondern das von Oliver Kahn vor dem Endspiel der Weltmeisterschaft 2002.

Der schnellste Weg zum Horoskop geht über die Tageszeitung. Zuerst muss man sich selbst in einer Kategorie, den sogenannten Sternzeichen wiederfinden. Da gibt es beispielsweise Tiere wie Stier, Widder oder Fische, letzteres wahrscheinlich für Leute mit Schuppen. Für solche gibt es gleichzeitig auch den Wassermann. Dann gibt es Gegenstände wie die Waage – meist Leute mit Gewichtsproblemen – oder einige sehr Merkwürdige wie Zwillinge (für Schizophrene?), Derry und Toms oder Jungfrau. Interessant dabei ist die Frage, ob Maria eine solche war, und wie ihr Horoskop am Weihnachtsmorgen in Betlehem gewesen ist.

Die Sternzeichen werden übrigens noch eingeteilt in Luft-, Wasser-, Erde- und Feuer-Zeichen, wobei Fische ins Wasser gehören, Wassermänner aber zu den Luftsternzeichen – es muss ja nicht immer logisch sein.

Horoskope können sehr unterschiedlich überbracht werden, und dann auch sehr unterschiedlich aussehen. Dabei hängt es nicht nur davon ab, wie sie überbracht werden – als Zeitungsfülsel, SMS oder als Luxusausführung beim heimischen Sterndeuter, sondern auch, wer sie konzepiert.

Da gibt es Schwammiges aus der Bildzeitung: „Im Beruf müssen sie heute mit Rückschlägen rechnen. Dafür läuft es in der Liebe gut. Geldlich ist Vorsicht geboten.“ Das stimmt dann meistens, beispielsweise: Der Kaffee im Büro war alle, die Frau ist endlich weggelaufen, und das gekaufte Crousson schmeckte nicht.

Die Belanglosigkeiten können auch durch ein paar Anregungen wie „Sie könnten auch mal wieder sportliche Aktivitäten einplanen. Mehr Bewegung wird Ihnen gut tun, ein netter Abend mit Freunden zum Beispiel auch.“ Gut, das erste stimmt natürlich fast immer, das zweite… auch. Das Horoskop war übrigens während der olympischen Spiele für Widder gültig, und zwar an dem Tag, als die Widderin Franzi von Almsick als Fünfte am Schwimmbeckenrand anschlug. Damit hatte sie ihre sportliche Aktivität nicht nur eingeplant, sondern im Gegensatz zu vielen anderen, die lieber vor dem Bildschirm verharrten, umgesetzt.

Andere Zeitungen sind nicht für Belanglosigkeiten oder Tipps zu gebrauchen, da sind Horoskope mehr Befehle der Art„Gehen sie nicht über Los, ziehen sie keine 2000 Euro ein.“ Klingt kryptisch, man weiss auch nicht, warum es nicht tun soll, aber die Konsequenzen dürften grausam sein. Mist, das war Monopoly. Eigentlich meinte ich „Sie sollten heute keine Geldgeschäfte machen. Keinesfalls.“ Dann gehe ich halt morgen in die Bank.

Im Fernsehen sind diese Botschaften übrigens drastischer, da heisst es „Wassermann? Ruf mich an.“ Beim Deutschen Sportfernsehen sitzen sie in der ersten Reihe.

Horoskope können aber auch anheimelnd psychologisch sein: „Heute werden Barrikaden zwischen Ihnen und anderen Menschen eingerissen.“ Klingt nach Beziehungsverbesserung, war ein Honecker-Horoskop im Herbst 1989.

Richtige Profis haben bemerkt, dass Vorhersagen, die für ungefähr ein Zwölftel der Menschheit gleich sind, etwas komisch wirken. Deswegen haben sie die Nebenbedingungen dazuerdacht. Das klingt dann so: „Früh geborene Wassermänner (21.1.-31.1.) mit Assistent Jungfrau und Transzendent Loddar Maddäus, die in einer lauen Sommernacht um ca. 3 Uhr morgens geboren wurden, müssen heute, wenn der Neptun im 12. Haus, der Jupiter aber ausgegangen ist, damit rechnen, die Klorolle wechseln zu müssen.“

Früher wie heute gibt es einen grossen Kampf. Handleser, Kristallkugelgucker, Sternebeobachter und Hobbygärtner kämpfen mit Harken und Ösen um die Zukunft, letzterer jedoch nur in botanischer Hinsicht. Im alten Griechenland gab es besondere Frauen, die mit dem Halluzinogen ausgestattet waren. Man nannte sie Orakel. Heute würde man Kiffer dazu sagen. Die sagten dann so schöne Sachen wie: wenn Du über den Fluss pisst, wird ein grosses Reich untergehen. Daraufhin ritt der Beratene los und verlor sein Reich. Daraufhin sprach er: Wir haben die Schlachtplatte gewonnen, aber den Krieg verloren. Oder so ähnlich. Da die Deutlichkeit der Aussagen eines Orakels nur noch von politischen Äusserungen unserer Zeit untertroffen werden, kam das Orakel sehr schnell wieder aus der Mode.

In Gallien las man in die Eingeweiden von Tieren, manchmal auch Menschen. Ungenaue Vorhersagen wie „Ihr Leben sieht sehr verwickelt aus“ sorgten jedoch dafür, dass der Darmschnitt aus der Mode kam.

In Rom entwickelte sich dann die unbedingt gültige Prophezeiung, die man heute noch bei Ärzten hört: „Es könnte jetzt weh tun.“ Original: Brutus zu Julius Cäsar. Worauf der begegnete: „Alea iacta est“ oder „Meine Würfel sind mir runtergefallen“. Das wiederum deutete auf die damalige Vorhersage per Würfel hin.

Im Mittelalter versuchte man sogar den Charakter der Menschen mit Vorhersagen herauszufinden, um für Gott eine Vorauswahl zu treffen. Wer auf dem Scheiterhaufen brannte, war für das Fegefeuer gedacht. Nur wer nicht brannte, konnte mit dem Himmel rechnen. Erstaunlicherweise entschieden sich die meisten fürs Brennen, wahrscheinlich weil man im Himmel genau den Leuten wiederbegegnet wäre, die einen verbrannten. Ob Gott sich an solche Empfehlungen hält, ist übrigens noch nicht bekannt.

Früher waren Männer die Hauptopfer für Horoskope. Im 19. Jahrhundert änderte sich das, da wurden die Frauen die Hauptzukunftsinteressenten. Da begann man wahrscheinlich, seine Zeitung auf dem Klo zu lesen. Und Frauen hatten da nun mal einen Vorteil. Zu der Zeit pinkelten Männer noch im Stehen, da kann das Horoskope lesen leichte Probleme verursachen. Früher waren nur Schlitzpisser Sitzpisser. Ich lass da nix aus. Wo gehobelt wird, fallen Schwäne.

Nicht nur zeitlich, auch örtlich gibt es Besonderheiten: die Japaner haben nicht nur mehr Buchstaben, sondern auch mehr Sternzeichen als wir. Das kommt daher, dass die Japaner an anderer Seite sparen. In Japan hat die Tonleiter nur 5 Töne, hier in Europa sind es schon 7. Da hat der Japaner halt mehr Zeit für andere Hobbys. Trotzdem sind wir im Sport besser, denn die Japaner japsen.

Heute gibt es noch eine besondere Art der Zukunftsdeutung: die Prognose. Das ist die wissenschaftliche Version der Weissagung. Da sammelt man Fakten und Daten, vergisst diese wieder, denkt sich eine wahrscheinliche Zukunft aus und garniert diese wieder mit den Fakten und Daten, auch wenn beides nichts miteinander zu tun hat.

Die besondere Prognose ist die Wettervorhersage. Es ist erstaunlich, wie viele Leute den menschlichen Wetterfröschen noch glauben, wenn der Regenguss herunterkommt, der 1 Stunde vorher kategorisch ausgeschlossen wurde. Vielleicht sollte man für Wettervorhersagen wieder altgriechische Wahrsagemethoden nehmen. Jedoch kann man nicht verleugnen, dass die Medien dann das Dopingproblem bei Wetterfröschen wieder hochsterilisieren würden. Oder so ähnlich.

Jetzt noch ein paar Tipps für Neu-Horoskopierer:

Suchen sie sich immer einfache Opfer. Z.B. Frauen, die blond wie ein Maulwurf sind, oder Wähler. Die glauben alles.
   
Versprechen sie viel. Den Leuten muss das Wasser im Mond zusammenlaufen. Aber auch nicht zuviel. Nachher fragen die Leute, wo es geblieben ist.
    Sagen sie Reichtum voraus. Aber nicht, dass es ihr eigener sein wird.

Kurz vor Schluss noch ein dummer Spruch: Wer anderen eine Grube gräbt ist Bauarbeiter. oder auch nicht. Zumindest ist er währenddessen zu beschäftigt, um sein Horoskop zu lesen.

Guten Abend.

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