Die Berliner lernen wählen – doch die Zeitung nicht Wahlberichterstattung

Die CDU ist Wahlsieger in Berlin. Und vielleicht ist das auch das größte Problem unserer Demokratie: Wahlen werden als Sportveranstaltungen begriffen. Eine Regierung anführen soll die Partei, die die meisten Stimmen hat. Die Gewinnerin.

Erstaunlicherweise halte ich das für undemokratisch. Die Idee der Demokratie ist, dass die Meinung der Mehrheit durchgesetzt wird. Natürlich mit Wahrung der Rechte der Minderheit. Da eine direkte Demokratie schwierig ist, haben wir uns für eine indirekte entschieden. Und jetzt nehmen wir mal ein beschissenes Beispiel: Wenn ich jetzt 5 Parteien habe, die jeweils 11% der Stimmen auf sich vereinen und gewählt wurden, weil sie für die Benutzung von feuchtem Klopapier sind, und 1 Partei, die 40% der Stimmen geholt halt und für eine Beschränkung auf trockenes Klopapier ist, dann scheint der Wählerwillen eher zu feuchtem Klopapier zu tendieren.

Es ist natürlich noch etwas komplizierter, weil man Parteien nicht nur wegen ihrer Meinung zu einem Thema wählt – und deswegen auch immer Parteien, bei denen man nicht in jedem Thema übereinstimmt und bei denen man nicht jeden maßgeblichen Politiker mag. Also ein Kompromiss. Und wenn die Partei dann mit anderen Parteien zusammenarbeit, kommt man zu einem Kompromiss aus Kompromissen. Das ist leider so und wäre nur mit direkter Demokratie vermeidbar, die wieder andere Nachteile hat.

Wenn eine Partei 30% der Stimmen einholt, dann ist das nicht der “Regierungsauftrag des Wählers”, sondern der “Regierungsauftrag von 30% der Wähler, die zur Wahl gegangen sind”.

Am Rande der Wahl ist mir noch etwas anderes aufgefallen. Im Spiegel stand, dass jemand nicht wahlberechtigt war, obwohl er schon seit 2 Jahren in Berlin wohnte. “Termine gab es nur in den Bürgerämtern weiter draußen zur Arbeitszeit – wie kann man das als arbeitende Bevölkerung denn schaffen.” Ich meine mich zu entsinnen, dass früher, als ich noch klein war, die Öffnungszeiten von Behörden immer miserabel waren. Und immer zur (damals noch längeren) Arbeitszeit. Trotzdem schafften es die Bürger, zu den Ämtern zu gehen.

Ich begrüsse es, dass mittlerweile Behörden weitaus freundlicher sind als früher und beispielsweise einen Tag in der Woche nachmittags länger auf haben. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass der Bequemlichkeitsfaktor von uns Bürgern größer geworden ist – und auch das nicht gut für die Demokratie ist.