Die Rolle des Klopapiers im literaturwissenschaftlichen Kontext

Vorlesung von Professor Dr. Joseph Taubenschlag

Lassen Sie sich von mir entführen zu einer großartigen Reise in unsere Vergangenheit.

Die Idee, sich den Hintern abzuwischen, kam schon unseren Urahnen. Blätter und Stöcke erledigten diese Arbeit. Erst die alten Phönizier kamen auf die Idee, künstlich hergestellte Produkte zu benutzen. Dummerweise wurde damals noch die Steintafel dem Papyrus bevorzugt, und das erwies sich als fatal bei der Säuberung des Hinterns. So ist ein alter Spruch überliefert, dessen Übersetzung ungefähr lautet: „Oh je, Oh je, Klopapier tut weh.“

Der nächste Versuch wurde bei den Römern unternommen. Dort sind die berühmten literarischen Orgien bekannt. Dazu ist zu sagen, dass die alten Römer (Nicht jedoch die ältesten, die zumeist an Gastritis und ähnlichen Leiden litten.) neben der bekannten und berühmten Gaumen-Gänsefeder-Methode auch die weniger bekannte, aber ebenso effektive Methode zur Leerung des Magens kannten: die sogenannte Genug-Öl-geht-auch-Methode. Reiche Römer ließen  ihren Hausdichter bei diesen Anlässen seine neuesten Werke vorlesen, danach wurde der Papyrus anderen Zwecken zugeführt. Diese gilt auch als eine der ältesten Formen der Literaturkritik. Die älteste ist die Steinigung.

Die Römer versuchten sie auch an der Gründung einer richtigen Klopapierindustrie und gründeten dafür die Stadt Kloaka Agrippa, das heutige Köln. Die Sache ging allerdings in die Hose, da die nötigen Schmiergelder nicht flossen.

Unsere Vorfahren, die Germanen, benutzten übrigens Stroh und Laub und gelten zurecht als Klopapierarisch uninteressant. Es sei allerdings zu erwähnen, dass der Germanische Anführer Sodfried im Jahre 19 nach Christus der erste war, der tatsächlich Klopapier erfand. Die Erfindung musste jedoch auf Eis gelegt werden, da die Germanen noch kein Klo kannte.

Im Mittelalter wurde Moos sowie bei Reichen Schafswolle benutzt, diese Materialien erwiesen sich nach jahrelangen Versuchsreihen als wenig literarisch nutzbar.

Eine Umkehr des literatur-toiletterischen Kontext geschah übrigens während der Kreuzzüge, als ostfriesische Ritter und Buchgelehrter einen besonderen Nutzen von Büchern in der Wüste erkannte, wo weder Moos noch Schafswolle vorhanden war. Er war danach kein Buchgelehrter mehr, sondern der, der das Buch geleert hat.

Das erste offizielle Toilettenpapier wurde in China produziert. Somit waren die Chinesen auch hinten vorne. Es entstanden hervorragende Werke wie zum Beispiel das Haiku des Dichters Hin-Ten Laus, dessen Übersetzung über Google wie folgt klingt:

Grün Gänsefeder weich
Abort Kohlenstoffmonoxid Beagle
Papier Gamsbart Ofenschwarz

Was uns der Dichter damit sagen will, weiß ich leider nicht.

Die zunehmende Industrialisierung sorgte 1857 in den USA für das erste Fabrik-hergestellte Klopapier, das perforierte Toilettenpapier jedoch brauchte noch einige Jahre länger bis zur Existenz, seit 1890 wurde es auf Rollen ausgeliefert. Arme Dichter, die sich kein Schreibpapier leisten konnten, schrieben zu dieser Zeit auf Klopapier. So kann man das ganze Werk des Briten Edgar Allen Poe als Klopapierlyrik bezeichnen. Sein berühmtestes Werk „Der Rabe“ wurde dem Verlag auf 2 Rollen billigstem Klopapier geliefert und enthielt deswegen in den ersten beiden Auflagen auch einige Fehler, da die Tinte verlaufen war. Vielleicht sorgte das dafür, dass Poe so unverständlich blieb.

In Deutschland gründete Hans Klenk 1928 in Ludwigsburg die erste Toilettenpapierfabrik. Damals bestand eine Rolle aus 1.000 Blatt rauen Krepppapiers. 1938 wurde der Druck von Führerzitaten auf dem Klopapier angeordnet. Seitdem werden Nazis auch als „die Braunen“ bezeichnet.

1958 verbreitete sich – aus Amerika kommend – das weichere Tissue-Papier, das auf der Haut viel angenehmer als das Krepppapier ist. Aus dieser Zeit stammt auch das Lied „toilet paper“ mit dem Refrain „toilet paper – my baby has toilet paper – yeah yeah“ von der Gruppe „the toilet papers“ – zum Glück ein One Hit Wonder.

Der Siegeszug des Klopapiers wurde nur kurz aufgehalten, als ein übereifriger Editor aus Tolkiens „Der Herr der Ringe“ in der amerikanischen Ausgabe die Aussage strich, die Zwerge hätten das Klopapier erfunden.

1973 gab es in Japan während der Ölkrise die sogenannte Toilettenpapier-Panik. Das Gerücht einer zu erwartenden Verknappung von Toilettenpapier aufgrund der beschränkten Ölimporte führte zu Hamsterkäufen und diese tatsächliche zur Verknappung. Einen ähnlichen Fall gab es in Hawaii. Samuel Beckett schrieb aus diesem Grund sein berühmtes „Warten auf das Klo“, in der er das autobiographische Erlebnis verarbeitete, dass er während der Knappheit erfuhr: er konnte nur einmal pro Woche richtig doll… sie können sich das vorstellen. Es blieb das Jahr des Klopapiers: Heiner Geißler legte seine Diplomarbeit „Die berufrechtliche Stellung von Klopapier in Klopapier „Das Recht auf Klopapier nach Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes“ vor, und das Bundesverfassungsgericht beschloss, dass Klopapier zu den nicht zu pfändenden Gegenständen gehört.

Ab da jagte ein literarisches Werk das nächste. In Frank Herberts „Der Bürstenplanet“ geht es um die herrschende Familie des Planeten, der das Monopol auf Klopapier und andere Abort-Produkte besitzt. Parallel dazu erzählt die Fantasy-Autorin Marion Zimmer-Bradley in ihrer Darkunder-Reihe von einer Welt, in der die Männer den Frauen das Klopapier vorenthalten. Auch der Krimi-Autor Freddy Dürrenmatt beschäftigt sich im tiefenpsychologischen Werk „Der Verdacht“ mit der Suche nach demjenigen, der die Bremsspuren nach Benutzung des Klos niemals entfernte.

Auch in der Musik konnte der Einfluss des Klopapiers vergrößert werden. Rolf Zuckowski nannte in seiner Version des Lieds „Ich mag…“ explizit das Klopapier, Meat Loaf schrieb eine ganze Klopapierhymne „You took the shit out of my arse“ und den absoluten Höhepunkt erlebte die mittlerweile große Klopapier-Anhängerschaft bei den Punkband, die sich auf der Bühne… aber ich schweife ab.

In den 80er und 90er Jahren verflachte die Klopapieristik zunehmend: Die Wildecker Furzbuben eroberten mit dem Lied „Scheißilein“ die Charts, TicTacToe konterten mit „Kack ab man, jetzt bin ich dran“ und Los Klopapier mit dem „Klopapier-Song“. Man erinnert sich.

Diese Flaute hielt sich bis zum Anfang des jetzigen Jahrtausends.

Für Aufsehen in Presse, Funk und Fernsehen sorgte im Jahr 2002 der Schriftsteller Mike Bartel, als er zum ersten Mal Bücher (mit ISBN) in Form von mehreren Toilettenpapier-Rollen veröffentlichte. Die so genannte Klopapier-Literatur wurde sogar bei der Frankfurter Buchmesse präsentiert, der Verlag hatte dafür ein Klohäuschen gemietet. Getoppt wurde das im nächsten Jahr durch Siggi Lierschs Köttel-Books, die… aber lassen wir das lieber.

Überliefert von dieser Messe ist auch die Aussage Marcel Reich-Ranickis: „Das neueste Werk von Günter Grass ist höchstens als Klopapier zu gebrauchen.“ Die Antwort aus Literatensicht lautete: „Erst wenn das letzte Buch vernichtet, der letzte Buchstabe zerlegt und der letzte Autor geistig hingerichtet wurde, werdet ihr sehen, dass man Reich-Ranicki nicht lesen kann.“

Seit einigen Jahren ist Klopapier in aller Munde. Neben trivialvideoristischen Sendungen wie RTLs „Die 10 schlimmsten Ereignisse mit Klopapier“ und die „100 Jahre Klopapier-Gala in der ARD“ (natürlich mit Jörg Pillerwa) konnte die preisgekrönte BBC-Dokumentation „Eine kurze Geschichte des Abwischens“ und der französische Kurzfilm „Die Liebe des Klopapierherstellers Gustave“ in der Publikumsgunst punkten. Leider reichte es nicht zu einem Oscar.

Was wird uns die Zukunft bringen? Werden wir endlich das selbstabrollende Klopapier bekommen? Wird die Frankfurter Rundschau endlich das Format auf toilettenfreundliche Abreißstreifen umstellen? Wird Wolfgang Schäuble RFID-Chips auf jedem Klopapierstück fordern, um Terroristen quasi von hinten erledigen zu können?

Man wird sehen. Aber nicht heute. Ich muss mal. Und deswegen rufe ich Ihnen zu:
Frohes Flutschen, meine Damen und Herren

P.S.: Alle Ereignisse und Aussagen wurden den jeweiligen Personen in den Mund, die Hand oder sonst wo gelegt. Nur Mike Bartel hat tatsächlich Klopapier mit ISDN-Nummern ausliefern lassen. Der Autor gibt es jetzt keine wertende Aussage darüber ab.

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