Jahresendrally

Es ist Jahresendrally und die FDP strengt sich doppelt an – die Abwrackprämie für Parteien läuft wahrscheinlich frühzeitig aus.

Die  Eile ist spürbar: Rösler will 4 Tage vor Ende einer parteiinternen Abstimmung dieselbige abblasen. Einer Abstimmung, wo gerüchteweise 3000 Stimmen ungültig sind, weil die Parteimitglieder ordentlich verwirrt wurden mit den Wahlunterlagen. Das ist ungefähr so, als würden die FDP-Wähler am Wahltag erst mal mit einer Schifffahrt auf dem Wahnsee  abgelenkt und dann, wenn sie um 16.00 zum Wahllokal kommen, steht auf den Zetteln FDP nicht mehr drauf. Der Wahlleiter, eine gewisse A. Merkel: „Wir haben die FDP gestrichen, weil sie bis 16.00 so wenig Stimmen hatten, dass sie eh nicht über 5% gekommen wären.“

Und jetzt verlässt einer drei BravoBoys die Partei. Es ist immer traurig, wenn eine Boygroup ein Mitglied noch vor dem großen Erfolg verliert. Der große Erfolg, die zwei Promillehürde. Wenn die FDP endlich mehr Mitglieder als Stimmen hat. Und dann wird man von ihm sprechen, dem 3. FDPler.
Ist schon traurig.

Dem neuen Generalsekret Döring droht übrigens ein Verfahren wegen Unfallflucht: er soll einen Außenspiegel abrasiert haben. Mal gucken, ob da noch ein Außenminister dazukommen wird.

Die FDP ist mittlerweile unbeliebter als die Piratenpartei. Umgekehrt, die ist ja sogar beliebt und sympathisch. Die Piraten haben zwar kein Programm, aber das erinnert an die frühen Grünen. Ein absoluter Sauhaufen. Eine Chaostruppe. Der 1. FC Köln der ersten Politikliga. Im Gegensatz zu Köln spielen die aber momentan um die ersten Plätze mit. Die haben sogar die Meisterschaft in Baden-Württemberg geholt. Aber mehr so als Eintagsfliege a la Borussia Dortmund im Europacup: ein bisschen mitspielen lassen, und dann schon wieder Schluss – oder wie muss man die Volksabstimmung für Stuttgart 21 werten? Die hätte man vielleicht gewinnen können, wenn man darauf hingewiesen hätte, dass der Bahnhof nur unterirdisch verlegt werden soll, um notfalls als Atomendlager zu dienen.

Wobei: eigentlich bin ich für Stuttgart 21. Ich würde weiter gehen: die ganze Stadt unter die Erde. Und als nächstes dann Mannheim. Das lohnt sich.

Die Grünen sind mittlerweile etabliert: „Die Politik der Regierung ist nur durchsetzbar, wenn die Opposition mit Stimmen aushilft. Dann ist die Regierung fertig.“ (Volker Beck vor zwei Monaten) Die Grünen sind in unserer Art der Politik angekommen. Der Abgeordnete ist eigentlich nur seinem Wissen und Gewissen gegenüber in der Verantwortung, nicht seiner Partei. Das ist Theorie – und Gesetz. In der Praxis ist die jeweilige Partei auch nicht so viel anders als in der DDR.

Neben der FDP gibt es ja noch einen weiteren Polit-Untoten. Und da habe ich bei der Berufung von Guttenberg zur Internetkoriphäe noch was vergessen. Er hat ja ausgesagt, sein Problem wäre gewesen, dass er die ganzen Daten und Informationen seiner Doktorarbeit auf 80 Disketten hatte. 2006. Ein zigfacher Millionär. Der hatte 2006 einen Computer mit Diskettenlaufwerk? Das ganze hätte alles auf eine wiederbeschreibbare CD gepasst. Ich meine: ist ja seine Sache. Aber ob das jetzt unkonventionelles Denken ist? Einfach mal auf dem Stand der 90er bleiben?

Wenn wir Glück haben, schreibt er einfach das Parteiprogramm der Piraten ab. Das wäre auch gerecht, die haben nach Umfragen ungefähr die gleiche Anzahl von Wählerstimmen wie die CSU.

Man sollte Guttenberg übrigens nie abschreiben. Den Satz mal wirken lassen. Den habe ich aus dem Buch der 100 besten Guttenberg-Witze geklaut.

Apropos abschreiben. Herr Wulff  kann den Hauskauf auch abschreiben. Linear oder degressiv in jeder Steuererklärung.

Das ist schon so ein Ding: der Köhler sagt die Wahrheit über deutsche Intressen am Hindukush und muss gehen. Der Wulff guttenbergt wochenlang um die Wahrheit rum und will bleiben.

Die Frage ist nicht, warum er sich Geld bei einem Freund leiht. Das ist kein Problem. Die Fragen sind: 1. hat der das Geld gegeben? 2. ist der einfach ein Freund oder Geschäftspartner? Fangen wir von hinten an: der Freund wurde dreimal mit auf politische Reisen genommen, hat sonst keiner gemacht. Also hatte er Vorteile.
Und dann ist die Frage: wer hat das Geld gegeben? Rein rechtlich: die Frau. Rein logisch: da gibt eine Privatperson ganz unabhängig von ihrem Mann einem Bekannten eine ziemlich hohe Summe. Das klingt ziemlich gefährlich. Wenn meine Frau das machen würde, würde ich mich schon fragen, ob die was miteinander haben… Die andere Möglichkeit: vielleicht hat doch ihr Mann das ganze veranlasst? Er muss ihr ja auch das Geld gegeben haben. Und dann war es doch der Mann, der eigentlich das Geld gegeben hat. Damit wird es wieder zum Problem.

Rein rechtlich hat Wulff – Recht. Leider ist  der Bundespräsident eine moralische Instanz. Manchmal auch eine moralisierende. Wulff hat in seiner Vergangenheit gerne anderen moralische Vorhaltungen gemacht. Das könnte sich jetzt als Bumerang erweisen.

Darum zog er jetzt die Notbremse. Die Rede in Kurzform:
„Meine Damen und Herren,
ich sehe ein, dass ich nicht alles damals gesagt habe vor dem Landtag. Ich entschuldige mich hiermit, das die Opposition da die falschen Fragen gestellt hat. Doch lassen sie uns christlich bleiben: wessen Schuld noch nicht bewiesen ist, der werfe den ersten Stein. Ich werde Buße tun. Auch im Namen meiner Frau. Statt Rosenkranzbeten werde ich allerdings meinen Sprecher feuern.“
Die letzten Wochen im Kurzdurchgang: erst mal abstreiten, dann kleckerweise die Wahrheit, zwischendurch auch mal jemanden rausschmeißen: das guttenbergt wirklich.

Die CDU, CSU und FDP fordern auch wieder, die Diskussion zu beenden. So als Partei. Während einzelne (und mit der Zeit dann mehr werdende) Parteimitglieder den Rücktritt fordern. Klingt nach Guttenberg 2.0. Vielleicht könnte sich Wulff schon mal auf seine Zeit als Internetberater bei der EU vorbereiten.

Warum wird das Ende der Diskussion gefordert? Die beschädigt das Amt des Bundespräsidenten. Genau. Die beschädigt nicht Wulff, sondern das Amt. Die Ratingagenturen stutzen wahrscheinlich bald die politische Diskussionskultur auf Ramschniveau runter. Hat so ein bisschen was von Berlusconi: „ich Präsidente, ich nix kann falsch.“ Dabei ist es andersrum: Wulff, nicht die Diskussion, beschädigt das Amt. Und eigentlich beschädigte schon Wulffs Wahl das Amt.

Ich bin übrigens sehr gespannt darauf, ob Wulff die Weihnachtssprache selber hält oder lieber von seinen Anwälten halten lässt.

Wobei ich dem Wulff eins zugestehen muss: ich bin froh über jeden, der bei Immobiliengeschäften die Banken umgehen kann.

Bei moralisch verwerflichen sollte man dann gleich bei der CDU bleiben. Boris Rhein, hessischer Innenminister, hat bei seinen Gegnern geklaut. Er ist nämlich ein glühender Verehrer des Flughafens und total lärmbegeistert. Gewesen. Er will Frankfurter Bürgermeister werden. Jetzt ist er gegen den Lärm.  Spontan kräht Herr Hahn von der FDP mit: er ist ab jetzt auch gegen Fluglärm.

Ich bin ja für ein absolutes Lärmbelästigungsverbot. Am besten alle Politiker mal 2 Monate lang die Klappe halten. Da können FDP und CDU mal überlegen, wofür sie so sind. Und Hahn und Rhein können mal zum Chiropraktiker, sich den Wendehals wieder einrenken lassen. Wobei: man sollte ja CDUler und FDPler nicht angreifen, wenn sie sich mal für das richtige entscheiden. Machen sie ja selten genug.

Zum Schluss noch was Absurdes: der Lütticher Attentäter wird von seinen Anwälten als „angepasst und integriert“ beschrieben. Nach 20 Verurteilungen wegen Waffenbesitz, Drogenbesitz, Hehlerei und Sittlichkeitsdelikten. Obwohl – in Belgien gehören Sittlichkeitsdelikte vielleicht zum normalen Leben dazu, wenn man den Zeitungen so glauben kann.

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