Kinder, Kinder

Mein Sohn ist jetzt Papa geworden. Nein, bitte keine Glückwünsche. Es war nur in der Schule, in Sexualkunde. Keine praktische Übung, das kommt dann in der Mittelstufe, sie haben nur den Geburtsvorgang durchgespielt. Er war der Vater, ein Mädchen – auch wenn das keine Voraussetzung mehr ist – die Mutter, die gerade die Wehen hatte. Dann gab es natürlich noch die Hebamme. Der Diskurs, ob Hebammen trotz der Probleme mit den Versicherungen überhaupt noch arbeiten können, wurde ausgespart. Wir sind in Hessen.


Den Geburtsvorgang oder besser gesagt die Schilderung fand ich nicht so spannend, eher die Frage: wie heißt das Kind eigentlich? Mein Sohn zuckte nur mit den Schultern. Ich frag mich: was lernen die in der Schule? Neueste Statistiken zeigen: Eltern sind durchschnittlich 9 Stunden mit der Geburt (plus 1 Stunde Anfahrt) und 12 Stunden mit der Geburtsvorbereitung beschäftigt, aber sage und schreibe 140 Stunden mit der Auswahl des Namens. Oder der Namen. Bei Adeligen weniger, die schreiben ihre Vornamen einfach ab.

Jetzt könnte man einfach sagen: ich nehme das, was mir einfällt. Sowas wie „Bist Du die sicher?“ oder „Ach du heilige…“ oder so. Das gefällt das Frau nicht und sie sagt: „Was fällt dir ein?“ Worauf der Mann sagt: „Heineken, Diebels oder Guiness.“ Bei Königs zuhause wäre noch ein „Pils“ drin. Aber selbst, wenn der Name bei der Frau durchkommt, ist beim Standesamt Ende.

In Deutschland ist es nicht möglich, sich frei einen Namen auszusuchen. Erst wird durch Sprachwissenschaftler geguckt, ob der Name eindeutig männlich oder weiblich ist. Und dann wird das Kind untersucht, ob das Geschlecht des Namens und das des Kindes zueinander passen. Dann scheidet Pumuckl aus, weil keiner weiß, ob der Klabauter Junge oder Mädchen war.

Das jetzige Recht erlaubt auch  kein Product Placement in Kindernamen. „Jens isst gerne Kinderschokolade“ – für den Namen würde Ferrero einiges springen lassen, während der Kleine in Kindergarten oder Schule verweilt. Wenn er erwachsen wird, kann er dann seinen Zweitnamen „Jägermeister“ oder „Playboy“ nutzen. Aber das Recht verbietet diese Einnahmequelle. Komisch, dass die FDP dagegen noch nicht auf die Barrikaden gegangen ist.

Am deutschen Recht sind übrigens schon Kinderplanungen gescheitert. Leute trauen sich gar nicht, Kinder zu bekommen aus Angst vor dem Standesamt.
Das älteste Namensrecht hatten übrigens die Neandertaler. Diskussion auf dem Standesamt: „Ooo?“ „Ööö.“ „Ööö.“ „ÖÖÖ.“ „ÖÖh?“ Kurz gesagt: der Name Ööö geht nicht. Die Neandertaler sind kurz danach ausgestorben.

Max und Katharina sind doch eher langweilig, was könnte man sonst wählen?

Die Beckhams benannten ihre Kinder hin und wieder nach dem Ort der Zeugung. Gut, dass  die nicht hier in der Gegend vorbeikamen. „Jetzt die Nachrichten: Victoria und David Beckham haben Zwillinge bekommen. „Mörfelden-Walldorf Beckham ist ein putziger kleiner Junge, Airport Hotel seine 4 Minuten ältere Schwester.“ Wobei: für Zwillinge wären die Namen Mörfelden und Walldorf auch sehr interessant. Ist aber sehr ärgerlich, wenn man da wirklich wohnt: „Ich bring Walldorf nach Mörfelden zum VHS Kurs ‚Walldorf-Salat in 3 Akten‘ im gleichnamigen Kindergarten. Und dann Mörfelden nach Walldorf zum Tanzen.“
In anderen Ländern klingen die Namen besser. Paris Hilton – das ist meilenweit interessanter als Klein-Krotzendorf Müller. Wobei man nicht weiß: ist Paris der Name der Zeugungsstadt oder der Hinweis auf was Geplatztes?

Der Fantasy-Fan könnte sowas wie Legolas oder Gimli wählen. Vielleicht auch Zwillinge. Nach der Schlacht auf dem Schulhof können die sich dann unterhalten, wieviel sie verprügelt haben: „Wieviel hast Du?“ „42, und Du?“ „43.“ In die Klasse kommen sie aber nicht, weil Gandalf sie nicht durchlassen will.
Ich persönlich mag auch klingende Kindernamen wie Nein, Lassdas oder Aus. Das ist einfach, das ist praktisch, das ist nicht erlaubt. Dafür ist der Trend zum Zweitnamen und zum Drittnamen unverkennbar. Die Eltern wissen gar nicht, was sie sich und dem Kind antun, wenn sie es Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Suppenkaspar Philipp Franz Joseph Sylvester oder so ähnlich nennen. Wenn Du das Kind maßregeln willst, hast Du doch spätestens bei Philipp vergessen, was das Kind wieder angestellt hat. Und nachher bei der Diplomarbeit kommt der dann-nicht-mehr-Kleine gar nicht dazu, Forschungsergebnisse zu finden, weil er die 6monatige Diplomfrist zum Schreiben seines Vornamens braucht.

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