Liebe

Ja, heute möchte ich über die Liebe sprechen.

Nun höre ich das Stöhnen aus den Reihen, denn – und das mag ich nicht bestreiten – ist dies nicht das Thema, über das man höchst amüsant reden kann. Fürderhin und dies dazu: die Liebe ist auch nicht das modische Thema der Saison. Das mag doch nur wenig erstaunen. Ist es nicht so, daß man vielleicht mit ihr angeben könnte? „Mein Haus, mein Auto, meine Freundin.“ Mein Haus mag größer sein, mein Auto mag größer sein, und meine Freundin schöner. Vielleicht liebe ich sie sogar, aber kann ich sagen: „Hallo, ich liebe mehr als du?“ oder „Ach übrigens, meine Liebe ist auch größer!“ Kann ich rufen: „Hallo erstmal, hast du schon meine Liebe gesehen?“ Vielleicht letzteres, doch dann meine ich auch nur die Frau, die ich liebe, und nicht die Liebe.

Wo ist die Liebe überhaupt hingekommen? Glaubt man den Zeitungen und dem Fernsehen, so besteht sie nur einiger Chemie und Biologie, die unter gewissen Umständen genauso reagiert, wie man es halt kennt. Oder sie besteht aus jungen Frauen, die des Nachts und nackts Tatsachen am menschlichen, pardon männlichen Körper schaffen. Da ist auch häufig die Rede von käuflicher Liebe. Doch hat schon jemals jemand die Liebe im Laden gesehen? Es gibt Liebestropfen und Liebesperlen, Liebestöter und Liebestränke, doch die Liebe selbst sah ich nirgends. Ist sie ein solches Ladenhüter, das sie in die hinterste Ecke verbannt werden mußte? Wo ist sie also, frage ich, und wo finde ich sie dann?

Der Papst hat sie. Sagt er. Und er gibt sie auch freigiebig heraus. Er verteilt sie unter seinen Kindern, obwohl er ja keine zeugen darf. Freigiebig ist er. Dann aber, wenn seine Liebe gefragt ist, wenn Frauen kommen, die ihre Kinder nicht auf die Welt bringen können, denn sie kommen schon so nicht mit dieser zurecht, dann verweigert er seine Hilfe.

Liebe ist helfen, auch wenn das heißt, vom eigenen Weg und Glück für eine Weile abzugehen.

Des Papstes Liebe geht auch so weit, daß er sich entschuldigt für die Leute, die 2000 Jahre das Unrecht im Namen des Christentums in die Welt verbreiteten. Er weiß, daß sie irre geleitet waren. Sie taten es im Glauben an den Auftrag des Gottes, der auch die Liebe brachte. Sagt der Papst, und er hat ja immerhin den besten Draht zu diesem Gott, so muß er es ja wissen. So spricht er von diesen und bittet um Vergebung. Doch spricht er nicht davon, daß die Kirche das Leiden und Entsetzen anstachelte, das sie selbst um Vergebung bitten müßte und alle die in ihr sind zusammen. Für einen anderen um Vergebung bitten, soweit gehen wir und das mag auch mutig sein und heldenhaft und mitfühlend. Doch die Schuld des anderen mitzutragen, für die mitzuleben und für deren Tat, das vermag wohl keiner mehr. Wir mögen sie verneinen oder uns distanzieren, doch wir mügen sie nicht annehmen, wenn wir sie nicht selbst getan, und häufig auch dann, wenn wir es waren.

Liebe ist, einem anderen die Last zu tragen helfen.

Die Hippies wußten was Liebe ist.

Ein Schuß Marihuana, zwei Spritzer schräge Musik, und jeder mit jedem, daß wir lieben. Mache Liebe, nicht Krieg. Man kann also Liebe veranstalten. Doch kenne ich Konzert-Veranstalter oder Happening-Veranstalter, keine Liebesveranstalter. Eine Marktlücke? Aber die Hippies kannten keinen Markt, ihre Äpfel wuchsen an den Bäumen.

Liebe kann nicht veran- oder verunstaltet werden, sie ist nur da, wenn sie will.

Die Liebe ist keine Mode. Hast du schon die neueste Liebe aus Paris gesehen? Schick, schick, ich war heute auf einer Liebesschau, was es heute doch für Liebe gibt …

Ist die Liebe Vergangenheit? Die Römer bauten ein mächtiges Reich, doch dies ist vergangen. Die Ritter ritten umher, gerüstete Reiter des dunklen Mittelalters, doch nun liegt das Andenken an sie im Dunkeln. Die Nazis überzogen die Welt mit dem Leid, doch ihre Zeit war kurz und nur wenige, die zumeist ihre Haare abscheren und so reden, als wären die Rasierklingen ihnen in den Kopf gefahren, glauben noch an die perversen Ideale jener Zeit. Tausende und Abertausende von Reichen, Herrschaftsformen und formende Herrscher sind verstorben und vergangen. Millionen und Abermillionen von Ideen sind gedacht, nicht oder doch umgesetzt, für gut oder schlecht befunden, und schließlich, aber nicht endlich häufigst wieder vergessen worden. Die Liebe ist geblieben. Gewiß versuchten manche sie zu vergessen, und andere wollten sie töten oder zumindest vertreiben. Doch nur sind diejenigen vergessen, oder getötet, oder vertrieben aus den Köpfen der Menschen. Die Liebe ist keine Sache von Sieg und Niederlage, und niemals hat die Liebe wirklich gesiegt, obwohl viele uns das begreiflich machen, die selbst nicht wissen, was denn die Liebe ist. Weiß die Liebe selbst was sie ist? Müssen wir oder sie wissen, was denn Liebe ist?

Und so möchte enden. Gewiß gäbe es vieles ´zu sagen und manches zu diskutieren, einiges zu denken und mehreres zu parlieren, doch so möchte ich nur noch eines sagen:

Liebe.

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